Seit der Veröffentlichung des Handbuches „Die religiösen und kirchlichen Orientierungen der Deutschen in den Sinus-Milieus®“ im Jahr 2005 haben sich viele Tagungen, Vorträge und Workshops auf unterschiedlichen Ebenen der Bistümer mit den Sinus-Milieus befasst. Die kirchlichen Akteure sehen sich mit der Erkenntnis konfrontiert, dass Kirche, wie sie sich heute in die Gesellschaft einbringt, nur noch für höchstens drei von zehn Milieus eine relevante Größe ist. Nehmen wir als Kirche unseren Auftrag der Verkündigung und Erschließung des Evangeliums ernst, kann das nicht zufriedenstellen. Daher hat es im Anschluss an die Veröffentlichung des ersten sogenannten „Milieu-Handbuches“ unterschiedliche Bewegungen auf organisatorischer und auf Gemeindeebene gegeben, die von euphorischem Aktionismus über Infragestellung bis hin zur Resignation reichen. Eine vor allem konzilstheologisch geleitete Reflexion ist vor allem in den letzten zwei Jahren zu beobachten.
In diesen Diskurs hält sich das angestrebte Dissertationsprojekt hinein:
Durch eine detaillierte Einbettung der „Milieudebatte“ in die soziologischen Grundlagen des Milieubegriffes soll das Forschungsprojekt einen noch fehlenden Beitrag zur theologischen Milieuforschung leisten.
Daher geht es zunächst um die Wurzeln und Entwicklungslinien des Milieubegriffes –es wird überraschen, dass diese in der Mechanik zu finden sind. Während der Herleitung des Milieubegriffes sollen Erkenntnisse über den Kern des Begriffes, seinen Gebrauch sowie dessen Verortung gewonnen werden.
In einem zweiten Schritt steht die Untersuchung des pastoraltheologischen Diskurses um Milieuforschung und milieusensible Pastoral seit 2005 im Fokus der Betrachtung. Welche Tendenzen und theologischen Begründungsfiguren sind erkennbar? Welche Verbreitungslinien sind zu beobachten? Welche Argumente zeichnen die kritischen Stimmen aus?
Die Erkenntnisse aus beiden Schritten werden nachfolgend auf der Metaebene miteinander konfrontiert. So soll beispielsweise gefragt werden, ob die Analyse der Entwicklung des soziologischen Milieubegriffes Begründungen für das Scheitern eines Umsetzungsaktionismus liefern kann.
Hauptintention und Ziel des angestrebten Dissertationsprojektes ist dementsprechend die Entwicklung einer pastoraltheologischen Kriteriologie für einen soziologisch aufgeklärten Umgang mit den Ergebnissen der Milieuforschung und für einen sinnvollen Einsatz milieusensibler Pastoral.
Caroline Müller