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Dr. phil. Alina Potempa

Wie Katholiken die moderne Ökonomie entdeckten. Rezeptionsweisen in Spätaufklärung und Ultramontanismus, Paderborn 2022 (Kooperationsprojekt mit Prof. Dr. Helmut Maier, Bergische Universität Wuppertal). Das Dissertationsprojekt nimmt die ökonomischen Vorstellungen zweier international ausgewählter Katholiken in den Blick, die im Kontext von Katholischer Spätaufklärung bzw. Ultramontanismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf zeitgenössische wirtschaftsliberale Diskurse und Theoreme reagieren und sich theoretisch wie praktisch zu ihnen positionieren. Auf der einen Seite steht mit Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1860) eine prominente Gestalt der Katholischen Spätaufklärung in Südwestdeutschland, auf der anderen Seite der im deutschen Sprachraum heute nahezu unbekannte Belgier Charles Périn, eine der führenden Persönlichkeiten der ultramontanen Bewegung in Belgien und ab 1845 Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftswissenschaften an der Katholischen Universität Leuven. Auf Basis einer Erarbeitung ihrer jeweiligen ideengeschichtlichen Kontexte sollen katholische Rezeptionsweisen der modernen Ökonomie herausgearbeitet werden, die sich bei Wessenberg eher in praktischen, bei Périn in theoretischen Initiativen manifestieren. Derartige Annäherungen sind gerade für den deutschen Katholizismus bisher nicht dezidiert konstatiert geschweige denn aus kirchengeschichtlicher Perspektive erforscht worden.

Es gilt besonders auf die einzelnen Ambitionen - möglicherweise gar gründend in einer international verschieden nuancierten katholischen ‚Lagerzugehörigkeit‘ - zu achten, sich auch und gerade als Katholik in zeitgenössische ökonomische Diskurse einzumischen. Darauf aufbauend soll eine abstrahierende These zum Verhältnis von anthropologisch-theologischen und ökonomischen Freiheitskonzepten in den Einzelargumentationen entwickelt werden, die illustriert und zugleich entschlüsselt, wie bereits zu dieser Zeit höchst verschiedenartig an der auch heute wieder dringlichen Frage nach Wegen der Implementierung ethischer Grundhaltungen in wirtschaftssystemische Eigenlogiken gearbeitet wurde.


Dr. theol. Stephan Knops

Gemeinsames Priestertum und Laienpredigt. Die nachkonziliare Diskussion in der BRD bis zur Würzburger Synode (Freiburger theologische Studien 188), Freiburg im Breisgau 2019. Das II. Vatikanische Konzil (1962–1965) hat im Rahmen einer umfassenden ekklesiologischen Selbstreflexion unter anderem die katholischerseits lange vernachlässigte Rede vom Gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen wieder neu ins Bewusstsein gehoben. Bereits während des Konzils zeigte sich aber, dass dies mit nicht wenigen Schwierigkeiten verbunden war: Wie genau ließ sich dieses Gemeinsame Priestertum inhaltlich füllen und umschreiben, und wie ließ es sich vom sakramentalen Weihepriestertum möglichst präzise abgrenzen? Eine konzise und umfassende Lösung dieser Frage gelang dem Konzil selbst nicht; vielmehr sind die damit verbundenen Problemstellungen bis heute offen geblieben, etwa im Kontext der zur Zeit immer noch vielfach diskutierten Fragen nach dem Taufbewusstsein der Gläubigen und neuen Seelsorgestrukturen angesichts des immer akuter werdenden Priestermangels. Mittels eines theologiegeschichtlichen Ansatzes untersucht das Projekt anhand umfassenden, teils bislang unveröffentlichten Quellenmaterials die Frage, wie und auf welchen Ebenen die Debatte um die Verhältnisbestimmung beider Formen des Priestertums in einer ersten Phase der Konzilsrezeption in der BRD geführt wurde. Dabei werden folgende drei Ebenen der Konzilsrezeption tangiert: Zunächst wird danach gefragt, wie die zum Abschluss des Konzils gegründete Deutsche Bischofskonferenz die Konzilsaussagen zu einem erneuerten Priester- und Laienbild in ihren offiziellen Verlautbarungen und in ihren internen Debatten und Diskussionen aufgriff. Zweitens werden die Verkündigungstätigkeit und die theologischen Leitlinien ausgewählter Diözesanbischöfe thematisiert: Wie versuchten sie, die Rede vom gemeinsamen Priestertum und vom erneuerten Verhältnis von Klerikern und Laien in Deutschland aufzugreifen und konkret werden zu lassen? Ein dritter Schritt wendet sich der sog. Würzburger Synode (1971–1975) zu, die sich zum Ziel gesetzt hatte, dieses Konzil im spezifischen Kontext der BRD fruchtbar werden zu lassen und umzusetzen. In diesem Teil der Studie liegt der Fokus auf der Frage nach der Entstehung des Synodenbeschlusses zur Beteiligung der Laien an der Verkündigung – die Debatte um die Laienpredigt nämlich bündelt die vorab entfalteten Argumentationsstränge wie in einem Brennglas. Auf diese Weise gibt das Projekt Auskunft über die Rezeption eines sowohl für heute als auch für die Zukunft der Kirche zentralen theologischen Sachverhalts und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Kontakt: Stephan Knops


Dr. theol. Graciela Sonntag

Professionalisierung ins kirchliche Amt ? Die Entstehung der Lay Ecclesial Ministers in der katholischen Kirche der USA nach dem Zweiten vatikanischen Konzil, Münster 2019.


Dr. phil. Barbara Vosberg

Deutsche Katholiken und das Heilige Land im Spiegel der Publikationen des Deutschen Vereins vom Heiligen Land und der deutschen Statthalterei des Ritteordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem 1855–1970, Münster 2019. Der Begriff des "friedlichen Kreuzzugs" steht für ein nations- und religionsübergreifendes Phänomen des 19. Jahrhunderts, das sich im gesteigerten Interesse westlicher Kulturen an christlicher Präsenz und Einflussnahme im Heiligen Land ausdrückte. Seine vielschichtige Wirkungsgeschichte reicht bis in die Gegenwart unserer multikulturellen pluralen Gesellschaften. Der DVHL ist seit seiner Gründung in diesem Kontext der wohl bedeutendste deutsche katholische Akteur im Heiligen Land. Auf Basis seiner fast lückenlosen Publikationen soll die spezifisch deutsche, katholische Variante des "friedlichen Kreuzzuges" aus der Binnenperspektive, d.h. als ein Stück deutscher Katholizismus- bzw. Caritasgeschichte rekonstruiert und in einer Longue-durée-Studie bis in die jüngste Vergangenheit untersucht werden. Die Studie verfolgt einen ideengeschichtlichen Ansatz, der die chronologische und systematische Aufarbeitung der Vereinstätigkeit im Horizont der großen historischen und gesellschaftlichen Zäsuren mit einbezieht, aber die Frage nach Konsolidierung oder Transformation der ursprünglichen, für den Verein konstituierenden Sendungsidee in den Vordergrund stellt. Im Fokus der archivarischen Quellenarbeit liegt folglich die analytische Rekonstruktion von Denkwelten, in denen sich gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozesse widerspiegeln, die wiederum ein Licht auf die Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen und innerkirchlichen Veränderungen werfen.


Dr. theol. Jens Oboth

Pax Christi Deutschland im Kalten Krieg 1945-1957. Gründung, Selbstverständnis und Vergangenheitsbewältigung (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B, Forschungen, Band 131), Paderborn 2017. Im Herbst 1944 nahm die Internationale Katholische Friedensorganisation Pax Christi in Frankreich ihren Anfang. Noch während der deutschen Besatzung hatten sich dort katholische und innerhalb der Résistance-Bewegung aktive Laien, Priester und Ordensleute zu einem „Gebetskreuzzug für die Bekehrung Deutschlands“ zusammengeschlossen. Der französische Episkopat und der Heilige Stuhl erkannten bereits sehr früh die besondere Bedeutung der Versöhnungsinitiative für die deutsch-französischen Nachkriegsbeziehungen und förderten die Bewegung maßgeblich. Schon sehr früh avancierte der Bischof von Tarbes und Lourdes, Pierre Marie Théas, zur unangefochtenen Identifikationsfigur von Pax Christi. Die Studie geht der Frage nach, wie die deutschen Pax-Christi-Akteure in den ersten Nachkriegsjahren die Idee des aus Frankreich kommenden Gebetskreuzzugs aufnahmen und ihr in Deutschland den organisatorischen Unterbau verschafften, um sich mit dessen Hilfe nicht nur für eine deutsch-französische Aussöhnung, sondern auch für eine umfassende Rechristianisierung Europas und der Welt einzusetzen. In den Blick gerät dabei einerseits das Spannungsverhältnis vom charismatischen Moment der ersten Jahre und den schließlich notwendigen Schritten eines effizienten Organisationsapparates, welches zu zahlreichen Brüchen und internen Konflikten führte. Andererseits wird der Prozess der permanenten (theologischen) Identitätssuche der Pax-Christi-Akteure und -Gruppen vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Kalten Krieges rekonstruiert, der u.a. zu einer Neuaneignung bzw. Umcodierung von religiösen Inhalten führte. Damit werden nicht nur theologische Bilder, Symbole, Rituale und Semantiken des Protests und der Erinnerung an die NS-Verbrechen einer Analyse unterzogen; untersucht wird auch der soziale Resonanzboden der Bewegung in Deutschland. Damit treten katholische Vereinigungen, Netzwerke und Einzelpersonen verschiedenster Prägungen zu Tage, die bislang in der Zeitgeschichtsforschung wenig Beachtung fanden. Ihre starke Heterogenität ist ein Beleg für ein hohes Integrationspotenzial der frühen Pax-Christi-Bewegung, das im Zuge der Debatten um die Wiederbewaffnung und die Kriegsdienstverweigerung ab 1950 allerdings empfindlich beeinträchtigt werden sollte. Kontakt: Dr. theol. Jens Oboth


Dr. theol. Franziskus Siepmann

Mythos Ruhrbistum. Identitätsfindung, Innovation und Erstarrung in der Diözese Essen von 1958–1970, Essen 2017. Keine fünfzig Jahre nach der Errichtung des Ruhrbistums begann ein beispielloser Wandlungsprozess, der alle Ebenen und Bereiche der katholischen Kirche im Ruhrgebiet miteinschloss, erhebliche finanzielle Einsparungen erzwang und die Diözesanstruktur fundamental veränderte. Diese für viele Katholiken schmerzvolle und von Kritik begleitete Reorganisation kann nur dann angemessen gedeutet werden, wenn zuvor die besondere historische Prägung und Ausgestaltung des zweitjüngsten deutschen Bistums seit seiner Gründung genau betrachtet und analysiert worden sind. Hierzu möchte das angestrebte Dissertationsprojekt einen bislang fehlenden Beitrag leisten. Auf der einen Seite soll beginnend mit der Gründung 1958 ein detailierter Überblick über Akteure und Strukturen gegeben werden. Der Blick richtet sich dabei nicht auf die einzelnen Gemeinden vor Ort, sondern auf die Diözesanebene und soll so das Bistum prägende Personen, Gremien und Gruppierungen beschreiben. Neben der Bistumsleitung um Bischof Hengsbach, dessen 33.-jährige Amtszeit den Kern des Untersuchungszeitraumes bildet und der wie kein anderer Bischof nach ihm seine Diözese in solch fundamentaler Art und Weise geprägt hat, geraten vor allem die im Ruhrgebietskatholizismus so wichtigen Vereine und Verbände in den Vordergrund. In welcher Weise diese Laienorganisationen zwischen diözesaner Administration und den Katholiken, die sich schon wenige Jahre nach Bistumsgründung deutlich erkennbar vom traditionellen Katholizismus abwandten, agierten, bildet dabei einen weiteren Schwerpunkt. Auf der anderen Seite soll eine Auseinandersetzung mit der in diesem Kontext von den Akteuren verwandten (theologischen) Semantik und deren Wandel zum Verständnis der Bistumsgeschichte beitragen. Zu fragen ist somit nicht bloß nach den historischen Wurzeln, sondern darüber hinaus nach dem Leitbild für die Gründung der Diözese Essen, nach dem prägenden Selbstverständnis der Bistumsleitung und einem eventuellen Wandel dieser Eigenbeschreibung im Zuge kirchlicher und gesellschaftlicher Wandlungsprozesse, wie sie etwa im Zuge des II. Vatikanischen Konzils, der Würzburger Synode oder des Strukturwandels im Ruhrgebiet auftraten. Kontakt: Franziskus Siepmann


Dr. theol. Florian Bock

Der Fall Publik – Katholische Presse in der Bundesrepublik um 1968 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B: Forschungen, Band 128), Paderborn 2015. In dem Dissertationsprojekt wird das spannungsvolle Verhältnis von katholischer Kirche und ihren Medien innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Italien unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil anhand zweier konkreter Beispiele untersucht: Zum einen wird anhand der Gründungsgeschichte der von den Bischöfen finanzierten Katholischen Wochenzeitung "Publik" dargelegt, welcher Bewältigungsmechanismen sich die katholische Kirche bediente, um sich - angespornt durch das konziliare "Aggiornamento" - dem Dialog mit der Welt zu stellen. Dass es sich bei "Publik" weniger um ein Erfolgsprojekt, sondern eher um ein "Himmelfahrtskommando" handelte, soll dabei nicht verschwiegen werden, ganz im Gegenteil: Vielmehr werden auch die Gründe für die Einstellung von "Publik" durch die deutschen Bischöfe im Jahr 1971 - nur knapp drei Jahre nach der Gründung im Jahr 1968 - systematisch herausgearbeitet. Während die überregionale katholische Presse in Deutschland seitdem einen eher schweren Stand hat, bietet sich zum anderen in einer Nation wie Italien ein vollkommen divergentes Bild: Dort gilt u.a. der katholische "Avvenire", ebenfalls 1968 (wieder-)gegründet und von der nationalen Bischofskonferenz finanziert, bis heute als eines der meistgelesenen Printmedien. Grund genug, einen Vergleich zu wagen. Neben Archivbesuchen in Deutschland und Italien soll mit Methoden der "oral history" gearbeitet werden (Zeitzeugen-Interviews). Dieses Projekt ist der DFG-Forschergruppe "Transformation der Religion der Moderne" kooptiert. Kontakt: Dr. theol. Florian Bock


Dr. phil. Sebastian Tripp

Fromm und politisch. Christliche Anti-Apartheid-Gruppen und die Transformation des westdeutschen Protestantismus 1970-1990 (Geschichte der Religion in der Neuzeit 6), Göttingen 2015. Das Thema Apartheid und die Politik des südafrikanischen Regimes beschäftigte in den 1970er und 1980er Jahren alle Ebenen der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von der EKD über die verschiedenen Landeskirchen bis hin zur Gemeindeebene war ständig die Frage präsent, welche Reaktion angesichts des rassistischen Burenregimes angemessen sei. Die Evangelische Frauenarbeit in Deutschland trat dabei besonders hervor und rief ab 1978 dazu auf, keine "Früchte der Apartheid" zu kaufen. Sie initiierte damit die wichtigste Kampagne gegen die Apartheid in der Bundesrepublik Deutschland. Die Auseinandersetzung mit der Apartheid hat einen weitgehenden Wandel im westdeutschen Protestantismus mit ausgelöst. Angesichts der Globalisierung und der abnehmenden Bedeutung klassischer Formen kirchlichen Lebens boten sich hier Möglichkeiten, das eigene Christentum neu zu definieren. Dabei zeigten sich veränderte Vorstellungen von Frömmigkeit und christlicher Legitimation.


Dr. phil. Nina Buthe

Zwischen „Kirche“ und „Welt“? Diskurse über den Wertewandel im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) (1947-1976). Zur Onlineausgabe (2013) Die „Lust am Diskurs“ als signifikante Begleiterscheinung der unter dem Begriff „Wertewandel“ gebündelten gesellschaftlichen Transformationsprozesse wird, so lautet der Ausgangspunkt der Dissertation, auch vor den Toren katholischer Kirchen, vor Pfarr- und Vereinsheimen nicht halt gemacht haben. Mit dem Wissen um die öffentlichen Auseinandersetzungen bezüglich der „Pillenenzyklika“ Humanae Vitae, vor dem Hintergrund des während des Zweiten Vatikanischen Konzils formulierten Anspruchs der katholischen Kirche, sich fortan der „Welt öffnen“ zu wollen, war, so die Annahme, auch in den kirchlichen Institutionen mit Diskussions- und Diskurspotential zu rechnen. Die Dissertation widmet sich daher der folgenden Fragestellung: Wie viel „Platz“ gestand die Amtskirche der „Welt“, beziehungsweise „weltlichen“ Themen, seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Raum „Kirche“ zu, beziehungsweise wie viel Platz nahm sich die „Welt“ einfach selbst? Wie reagierte die Amtskirche auf die damit verbundenen Veränderungen und welche Konsequenzen ergaben sich daraus für katholische Vereine und Verbände, die sich zwischen „Welt“ und „Kirche“ bewegten? Mehr … Kontakt: Nina Buthe


Dr. theol. Kirsten Gläsel

Zwischen Seelenheil und Menschenwürde. Wandlungsprozesse weiblicher katholischer Ordensgemeinschaften in Deutschland - Die Schwestern vom Guten Hirten (1945-1985), Münster 2013. Die Dissertation beschäftigt sich mit Transformationsprozessen, die im 20. Jahrhundert, vor allem ab der Nachkriegszeit, innerhalb katholischer Frauenorden in Deutschland stattgefunden haben. Die Kongregation der Schwestern vom Guten Hirten, mit denen sich das Projekt exemplarisch befasst, verzeichnete wie alle anderen apostolisch-tätigen Ordensgemeinschaften nach dem Kriegsende einen stetigen personellen Rückgang, der eine andauernde Diskussion über die (Neu-)Positionierung der Gemeinschaften in Kirche und Gesellschaft auslöste. Diese intern und auch nach außen geführte Debatte stand vielfach unter dem Vorzeichen einer Krisensemantik, da sie sich mit der Frage der Rolle der Ordensberufe in der Katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, veränderten Tätigkeitsfeldern und schließlich der Existenzfrage vieler Gemeinschaften verband. Im Fokus der Untersuchung steht die Frage, inwiefern sich durch die gesellschaftlichen Umbrüche und die (nach-)konziliaren kirchlichen Reformen das Selbstverständnis der Kongregation verändert hat. Ferner wird an ausgewählten Beispielen aufgezeigt, wie die Schwestern vom Guten Hirten in dieser Epoche ihre praktischen Tätigkeitsprofile konzeptionell neu ausgerichtet und sich durch Internationalisierung als "Global Player" weiterentwickelt haben. Da die Schwestern vom Guten Hirten traditionell im Bereich der Fürsorgeerziehung tätig waren, wird auch die Entwicklung der Heimerziehung im Guten Hirten unter Berücksichtigung theologischer und pädagogischer Aspekte nachgezeichnet. Kontakt: Dr. theol. Kirsten Gläsel


Dr. phil. Arne Thomsen

Katholisches Krankenhauswesen im Ruhrrevier. Entwicklungen und Akteure von den Anfängen der Industrialisierung bis zum Ersten Weltkrieg, (Quellen und Studien. Veröffentlichungen des Instituts für kirchengeschichtliche Forschung des Bistums Essen, Band 14) Münster 2012. Mit der Entstehung des Ruhrgebiets als urbaner und schwerindustrieller Region entstand ein katholisches caritatives Selbsthilfe-Netzwerk, dessen tragende Säulen die oft aus kleinsten Anfängen entstehenden Krankenhäuser waren. Zu fragen ist, wie die Krankenhäuser in die örtlichen sozial- und konfessionsstrukturellen Besonderheiten verflochten waren. Dabei ist - gerade auch mit Blick auf das Thema "Essen - Kulturhauptstadt Europa 2010" - zu berücksichtigen, dass das Ruhrgebiet anders als im übrigen Deutschland an vielen Orten durch eine Bevölkerung gemischtkonfessioneller und multi-nationaler Herkunft geprägt war und die katholischen Krankenhäuser deshalb oft zugleich auf ein konfessionelles Miteinander oder aber auch Gegeneinander ausgerichtet waren. … mehr … Kontakt: Dr. phil. Arne Thomsen


Dr. theol. Kai Reinhold

Die katholischen Pfarrgemeinden in den USA in Geschichte und Gegenwart. Eine transatlantische Perspektive, Münster 2011. In den Vereinigten Staaten von Amerika geht die Gleichung von Modernisierung und Säkularisierung offenbar nicht auf. Spätestens seitdem George W. Bush Präsident der Vereinigten Staaten ist, haben das die meisten Europäer begriffen. Dass auch der Katholizismus in den USA eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, ist hierzulande nahezu unbekannt. Immerhin sind heute über 63 Mio. US-Amerikaner Katholiken. Das heißt auch, dass gegenwärtig nahezu jeder vierte US-Amerikaner katholisch ist - und dieser Anteil an der Gesamtbevölkerung wächst weiter. Bereits seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Katholische Kirche die größte Einzeldenomination in einem sonst protestantisch geprägten Land. Besucher aus Europa berichten besonders vom Gemeindeleben, das sie zumeist sehr beeindruckt hat und von ihnen als ungewöhnlich "lebendig" beschrieben wird. Empirisch ist unbestritten, dass die Beteiligung der Katholiken am Gemeindeleben in den USA deutlich höher liegt, insbesondere auch durch junge Altersgruppen. So ist die Teilnahme am Sonntagsgottesdienst etwa doppelt so hoch wie in Deutschland. Diese Feststellung sagt aber noch nichts über die Ursachen aus. Tatsächlich handelt es sich bei der heutigen Situation nicht etwa um ein neues sondern um eine gewachsenes Phänomen. Das Projekt untersucht Geschichte und Gegenwart der Katholischen Pfarrgemeinden in den USA. Die Entwicklung soll schwerpunktmäßig für die Zeit der 1960er Jahre bis in unser neues Jahrtausend dargestellt werden, so dass die Situation der Pfarrgemeinden vor und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil besondere Berücksichtigung findet. Dass es in der Geschichte der Gemeinden in den USA und in Deutschland teilweise völlig unterschiedliche Entwicklungen gegeben hat, tritt bei eingehender Beschäftigung zu Tage. Das wird schon an zwei Beispielen deutlich: Während in Deutschland die katholischen Bekenntnisschulen alsbald nach Gründung der Bundesrepublik in staatliche Gemeinschaftsschulen überführt wurden, ist die Katholische Kirche in den Vereinigten Staaten mit ihren tausenden Schulen sogar der weltweit größte private Schulträger. Auch bei der Finanzierung der Pfarrgemeinden ging die deutsche Kirche seit den 50er Jahren mit Einführung der Kirchensteuer völlig andere Wege, während sich die US-amerikanischen Gemeinden seit ihren Anfängen im 18. Jahrhundert bis heute direkt selbst finanzieren und damit auch eine wesentlich höhere Eigenständigkeit in den Diözesen bewahrt haben. Solche Unterschiede haben Konsequenzen für das Gemeindeleben. Pfarrmitglieder in den USA, die ihre Gemeinden massiv finanziell unterstützen, identifizieren sich offensichtlich entsprechend stärker mit ihnen, stärker zumindest als deutsche Katholiken, die durch die Kirchensteuer einen Beitrag leisten, der zunächst in einen übergeordneten und anonymeren diözesanen Haushalt fließt. Bei all diesen bemerkenswerten Befunden befinden sich die US-amerikanischen Pfarrgemeinden jedoch zugleich - so wird auch in den Vereinigten Staaten allgemein konstatiert - in gewaltigen Umbrüchen und stehen vor großen Herausforderungen, etwa durch die massiven Zuwanderungen der zum großen Teil katholischen Hispanics aus Mittelamerika, den sich zuspitzenden Priestermangel, die Pädophiliekrise, die seit Anfang 2002 bei vielen Gemeindemitgliedern einen massiven Vertrauensverlust gegenüber Klerikern und insbesondere Bischöfen ausgelöst hat und die teils aus den unvergleichlich hohen Entschädigungszahlungen an die Opfer resultierende Finanzkrise in einigen Diözesen. Aufgrund dieser Situation ist auch in den USA eine weit gehende Reorganisation des kirchlichen Lebens im Gange. Insofern ist doch eine Parallele mit der Kirche in Deutschland zu beobachten, und so ist es Ziel der Studie, aus der Beschäftigung mit Geschichte und Gegenwart der US-amerikanischen Gemeinden neue Anstöße für oder Anfragen an unsere Gemeinschaftsformen und Seelsorge in Deutschland zu gewinnen, vielleicht auch die eine oder andere Bestätigung. Kontakt: Dr. theol. Kai Reinhold


Dr. theol. Verena Schmidt

Das Bistum Essen und das Zweite Vatikanische Konzil. Eine Untersuchung zum Rezeptionsprozess in den Pfarreien, (Quellen und Studien. Veröffentlichungen des Instituts für kirchengeschichtliche Forschung des Bistums Essen, Band 13) Münster 2011. Die Geschichte der Katholiken in der Bundesrepublik Deutschland sowie insbesondere die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) in einzelnen Diözesen und Pfarrgemeinden stellt noch immer ein Desiderat innerhalb der zeitgeschichtlichen Forschung dar. Am Beispiel des Bistums Essen untersucht die Autorin im Rahmen der vorliegenden Dissertation die Rezeption der Konzilsbeschlüsse sowohl auf der Ebene der Bistumsleitung als auch in einzelnen Pfarrgemeinden. Die folgenden Fragestellungen stehen dabei im Mittelpunkt der Analyse: Greifen die Hirtenbriefe des Bischofs von Essen, Dr. Franz Hengsbach, die Themen des Konzils auf und geben sie Impulse für die Umsetzung der Beschlüsse im noch jungen Bistum an der Ruhr? In welchem Umfang befassen sich das KIRCHLICHE AMTSBLATT für das Bistum Essen und die Bistumszeitung RUHRWORT mit der Umsetzung der Reformen des Konzils in den Pfarrgemeinden der Diözese? Konzentriert sich die Gremien der Bistumsleitung bei ihrer Arbeit allein auf die Einrichtung des neu gegründeten Bistums oder richten sie ihren Blick auch auf die Vorbereitung, Durchführung und Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils? Geben sie Anregungen und Impulse zur Aufnahme der konziliaren Beschlüsse an die einzelnen Pfarrgemeinden – ihre Priester und Gläubigen – weiter? Inwieweit zeigen sich bereits mit der Bildung der Pfarrausschüsse in den Gemeinden in den Jahren 1961 und 1962 erste Anzeichen für eine Mitbestimmung der Laien? Knüpft die Arbeit der zum ersten Mal im Jahr 1968 gewählten Pfarrgemeinderäte an die Arbeit der Pfarrausschüsse an oder bewirkt das Konzil ein verändertes Bewusstsein der Rolle der Laien in den Pfarrgemeinden? Im Kontext der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils war die Umgestaltung der Altarräume vielfach das erste sichtbare Zeichen für die Umsetzung dieser Reform. Doch auch die Liturgie und der gottesdienstliche Alltag in den Pfarrgemeinden erfuhren Veränderungen. Wie sind diese von den Gläubigen aufgenommen worden – wie wurden sie ihnen erläutert worden? „Nur einige wichtige Konzilsergebnisse erst sind im kirchlichen Leben sichtbar geworden, das eigentliche ‚Konzilsmassiv‘ harrt noch der Aufarbeitung“ – so formulierte es Bischof Hengsbach im Jahr 1967. Die vorliegende Studie fragt nach den Aktivitäten des Bistums in Richtung auf eine solche „Aufarbeitung“ des Konzils. Kontakt: Dr. theol. Verena Schmidt


Dr. phil. Anne Neyer

Leitbilder katholischer High Schools. Eine zeitgeschichtliche Studie am Beispiel der High Schools in der Erzdiözese Chicago, Münster 2010. Als "größtes unabhängiges Schulsystem in der Weltgeschichte" (Groome) ist das katholische Schulsystem in den USA gleichzeitig Nährboden und Frucht des amerikanischen Katholizismus. Seit der Ankunft der ersten katholischen Siedler im bis dahin weitgehend protestantischen Amerika gab es zunächst zögerliche und nach 1850 immer selbstbewusstere Versuche, katholische Schulen zu errichten. Die Schulen sollten in erster Linie die eigenen Kinder vor der antikatholischen Polemik der öffentlichen Schulen schützen und gleichzeitig verhindern, dass katholische Kinder allzu "amerikanisch" würden. Nach seinem Höhepunkt in den sechziger Jahren wurde das katholische Schulsystem in der Folgezeit von mehren Krisen erschüttert, allen voran vom Rückgang der Anzahl an Ordensleuten in den Schulen. Seitdem versuchen Schulen, mit neuen Ansätzen dem Problem der steigenden Schulkosten und rückläufigen Schülerzahlen entgegenzutreten; die Antworten sind vielfältig und regional unterschiedlich. Gleichzeitig verfügen katholische Schulen heute sowohl im Bereich der akademischen wie auch religiösen Erziehung über einen guten Ruf und werden von Soziologen und Pädagogen als Vorbild für das öffentliche Schulsystem herangezogen. Die Dissertation untersucht zunächst die Geschichte und Gegenwart des amerikanischen katholischen Bildungssystems und seine Bedeutung für den amerikanischen Katholizismus. Schwerpunktmäßig werden Entwicklungen und Fragestellungen der letzten zehn Jahre diskutiert werden. Steigende Zahlen an nichtkatholischen Schülern und Lehrern, der radikale Rückgang an Ordensleuten in den Schulen, alternative Bildungsangebote, aber vor allem die große finanzielle Belastung von Familien, Pfarreien und Diözesen fordern eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage nach der "Mission und Identität" von katholischen Schulen heute. Welche Ziele verfolgen katholische Schulen? Wen sprechen sie an? Was unterscheidet sie von anderen Schulen? Was legitimiert sie? Am Beispiel von katholischen High Schools in der Erzdiözese Chicago wird untersucht, wie die Schulen ihren Bildungsauftrag definieren und wie sie diesen im Schulalltag umsetzen. Grundlage der Untersuchung sind die Mission Statements und weitere Schuldokumente und Veröffentlichungen der einzelnen High Schools in Chicago, Veröffentlichungen der Erzdiözese Chicago und der amerikanischen Bischofskonferenz sowie Zeitungsartikel. Kontakt: Dr. phil. Anne Neyer


Dr. theol. Andreas Henkelmann

Caritasgeschichte zwischen katholischem Milieu und Wohlfahrtsstaat. Das Seraphische Liebeswerk (1889-1971), (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Band 113) Paderborn 2008. Das Seraphische Liebeswerk entstand 1889 aus einer lokalen Initiative einiger dem Ehrenbreitsteiner Kapuzinerkloster angeschlossenen Drittordensgemeinschaften. Unter Leitung des Kapuzinerpaters Cyprian Fröhlich entwickelte es sich innerhalb von wenigen Jahren zu einer überregionalen Größe. 1892 kam es auf 46.000 Mitglieder: 1914 erreichte das Seraphische Liebeswerk ohne seine Ableger in Österreich und der Schweiz den höchsten Mitgliederstand mit etwa 300.000 Personen. Seine Hauptaufgabe sah der Verein in der „Rettung gefährdeter Kinder“ vor „Glaubensverlust“ und „Verwahrlosung“, wie Pater Cyprian Fröhlich in der ersten Ausgabe der Vereinszeitschrift „Seraphischer Kinderfreund“ vom Januar 1891 heraushob.„Das Seraphische Liebeswerk will kurz gesagt mithelfen, die großen Schäden unser jetzigen Gesellschaft zu heilen. Aber wo soll man anfangen zu verbessern? Wo anders, als bei der Jugend, bei den Kindern! Aber bei welchen Kindern soll das Rettungswerk beginnen, wenn nicht bei solchen, die keine hinreichende Erziehung genießen und deshalb verwahrlost an Leib und Seele zu ihrem eigenen zeitlichen und ewigen Verderben und zum Ruin der menschlichen Gesellschaft heranwachsen. Deshalb setzt sich unser Verein, das Seraphische Liebeswerk, zum Hauptzweck, verwahrlosten Kindern eine geordnete Erziehung in christlicher Erziehung oder gut geleiteten Anstalten zu vermitteln.“Allerdings beteiligte sich das Liebeswerk zunächst nur indirekt an den Erziehungsaufgaben, da es sich als „Zahlstelle“ verstand. Das durch Spenden und vor allem durch den Verkauf der Vereinszeitschrift eingenommene Geld verteilte es an Antragsteller, deren Gesuche den obengenannten Zielen entsprachen. Die Umwandlung in einen Erziehungsverein mit eigenen Anstalten erfolgte in der bayrischen Landesabteilung allerdings schon 1893, während in der rheinisch-westfälischen Landesabteilung der Umbruch erst 1902 gelang; die Teilung des Liebeswerkes resultierte aus der Rückkehr P. Cyprian Fröhlichs nach Bayern.Ziel der geplanten Dissertation ist es, die Geschichte der rheinisch-westfälischen Abteilung des Seraphischen Liebeswerkes von seiner Entstehung 1889 bis in die sechziger Jahre zu verfolgen und seine Entwicklung in Bezug zu den übergeordneten „Größen“ des caritativen Katholizismus und des katholischen Milieus zu setzen. Kontakt: Dr. theol. Andreas Henkelmann


Dr. phil. Bernhard Frings

Stift Tilbeck 1881-2006, Münster 2006. Durch die Längsschnittstudie einer großen, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstandenen caritativen Einrichtung, die Entwicklungen über einen längeren Zeitraum in einem überschaubaren Umfeld nachvollzieht, lassen sich neben den spezifischen Strukturen der Anstalt in vielen Bereichen auch Rückschlüsse auf den größeren Bezugsrahmen und die Wechselwirkungen zwischen Caritas- und Gesellschaftsgeschichte ziehen. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Beharrungstendenzen, aber auch Veränderungen nach 1945, die ohne die Beschreibung der traditionellen Muster caritativen Wirkens kaum in ausreichendem Maß verständlich werden. So erwies sich das Stift Tilbeck als 1881 auf Basis einer testamentarisch verfügten Stiftung gegründeten und zehn Jahre später in die Trägerschaft des Bischöflichen Stuhls in Münster übergangenen Heil- und Pflegeanstalt als lohnendes Forschungsobjekt, wobei der zeitliche Rahmen von der Gründung bis zum tiefgreifenden Wandel der 1970er Jahre reicht und mit dem 100-jährigen Jubiläum endet. Auch hier bildete die Sorge um das Seelenheil sowohl des Stifters und der zu pflegenden Kranken als auch der Betreuenden die entscheidende Basis für die Gründung und den Ausbau. Zudem blieb lange Zeit nicht zuletzt durch den Glaubensvollzug der in der Anstalt tätigen Ordensschwestern das kirchlich-religiöse Leben eine wichtige Komponente. Ende des 19. Jahrhunderts entstand aber auch eine enge Bindung zwischen dem Stift und der westfälischen Provinzialverwaltung, die zur wesentlichen Voraussetzung für das weitere Wachstum wurde und im Weimarer Wohlfahrtsstaat zur vollen Entfaltung gelangte. Auch die Patienten und Mitarbeiter des Stifts Tilbeck waren dann von den Auswirkungen der nationalsozialistischen Rassenideologie und des Zweiten Weltkriegs in Form von gesellschaftlicher Ausgrenzung, Zwangssterilisierungen, Maßnahmen der NS-„Euthanasie“ und Fremdnutzungen des Hauses betroffen, die auch noch die Nachkriegszeit beeinflussten. Zwischen 1971 und 1981 vollzog sich schließlich vor dem Hintergrund des entstandenen Sozialstaats sowie einschneidender gesellschaftlicher und kirchlicher Umbrüche ein dringend erforderlicher Wandel, wobei die über Jahrzehnte bestimmende bewahrende Ausrichtung langsam durch die vermehrte Öffnung des Hauses in die Gesellschaft abgelöst wurde. Die Dokumentation dieser 100 Jahre der Geschichte des Stifts Tilbeck vereinigt kirchen- und religions- sowie sozial- und psychiatriegeschichtliche Inhalte. Neben der Darstellung der Anstalt aus organisationsgeschichtlicher Perspektive standen Fragen nach den sozialen, religiösen und theologischen Motivationen, Leitbildern und Konzepten der Betreuungsarbeit im Zentrum. Schließlich galt es, die Alltagsgeschichte der im Stift lebenden und arbeitenden Menschen zu erhellen. Kontakt: Dr. phil. Bernhard Frings


Dr. theol. Christian Schmidtmann

Katholische Studierende 1945–1973. Ein Beitrag zur Kultur- und Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B, Band 102) Paderborn 2006. Die Untersuchung fragt nach den Veränderungen in kollektiver und individueller Identität katholischer Studierender im Rahmen des „westdeutschen Identitätswandels“ (Ulrich Herbert). Anders als etwa neuere sozialgeschichtliche Arbeiten zur Erforschung des katholischen „Milieus“, die ihr Augenmerk vor allen Dingen auf den Verfall traditioneller Formen der Frömmigkeit richten, geht sie nicht von einer einseitigen Anpassungsleistung der Katholiken und ihrer sozialen Formationen an eine sich „modernisierende“ Gesellschaft aus. Angenommen wird dagegen ein komplexes, prinzipiell reziprokes Gefüge von Wechselwirkungen, Kommunikations- und Interaktionsprozessen auf verschiedenen Ebenen, in dem „Katholizität“ von den Akteuren immer wieder neu definiert und das Verhältnis zur Gesellschaft immer neu ausgehandelt wurde. Allerdings soll es nicht allein um die Transformation von Religion gehen. Untersucht wird auch die Rolle von religiös konnotierten Denkmustern, Wahrnehmungsweisen und Orientierungen für die Strukturierung sozialer, kultureller und politischer Ordnung in der Bundesrepublik, mithin der Anteil katholischer Studierender und Akademiker am „Erfolgsmodell BRD“ (Axel Schildt). Methodisch werden Elemente der Sozialgeschichte mit kulturhistorischen, mentalitätsgeschichtlichen und diskursanalytischen Fragestellungen verbunden. Dazu werden nicht nur die üblichen Quellengattungen wie Zeitschriften und Aktenbestände herangezogen, sondern in einem eigenständigen Abschnitt auch autobiographische Texte und lebensgeschichtliche Interviews ausgewertet. Kontakt: Dr. theol. Christian Schmidtmann